Oktoberfest-Ausflug 2025: Jugendliche lassen sich nicht vom Regenwetter abhalten
Traditionell und immer wieder mit großem Erfolg laden wir jedes Jahr von unserer Kooperationsschule sozial benachteiligte Jugendliche der Oberstufe der 7.-9. Klassen aus dem Münchner Bezirk Hasenbergl Nord zu einem Oktoberfest-Besuch auf die Wiesn ein. Dies ist uns als gemeinnütziger Verein "ghettokids – Soziale Projekte e.V." nur möglich, weil wir empathische, großzügige Geldgeber an unserer Seite haben wie u.a. auch die Dr. Ingeborg von Tessin und Marion von Tessin-Stiftung, die seit Jahren unsere außergewöhnlichen Erlebnisausflüge für Jugendliche finanziell unterstützt. Für einen Wiesnbesuch mit einer zahlenmäßig riesigen Gruppe von fast 90 Jugendlichen und den dafür zahlenmäßig notwendigen Begleitungen ist ein Dienstag wegen reduzierter Preise für Kinder, Jugendliche und Familien – und somit auch für Schulen – ein begehrter Wochentag bzw. Ausflugstag. Der Start des Oktoberfestes mit dem Einzug der Wiesenwirte ist meist mit sonnigem Wetter gesegnet, aber in der zweiten Festwoche verschlechtert sich oftmals das Herbstwetter: es wird kühler, es regnet öfter oder es kann sogar auch schon einmal schneien. Das Wiesnwetter ist im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbar. Den Wochentag für den Ausflug kann man einplanen, aber das Wetter nicht.
Selbstverständlich haben unsere verantwortungsbewussten Betreuer die Jugendlichen einen Tag vor der Aktion auf das zu erwartende Wetter und die kühleren Temperaturen hingewiesen. So konnten unangenehme Überraschungen zum Teil zumindest vermieden werden. Und somit gab es kein schlechtes Wetter, sondern nur eine nicht wettergerechte Kleidung. Jedoch wollten einige Mädels perfekt gestylt noch ihre Sommerkleidung ein letztes Mal ausführen und waren einfach zu leicht angezogen. Hier zeigten meist die Jungs ein sehr soziales Verhalten, als sie ihren Klassenkameradinnen mit Sweatshirt-Jacken bei rasanten Fahrten mit kühlem Fahrtwind aushalfen. Und unsere SFZ-Gruppen hatten auch mit der Auswahl des Ausflugtages am letzten Tag des Septembermonats wirklich Glück gehabt. Am nächsten Tag war wegen außergewöhnlicher Vorkommnisse das Oktoberfest bis 17:00 Uhr geschlossen. Das wäre eine riesige Enttäuschung für die Jugendlichen gewesen. Aber es ist ja noch einmal alles gut gegangen! Wenn Engel einen Ausflug machen …!
Den Betreuern der SFZ-Oberstufenklassen wurde von unserem Verein ein ausreichendes Budget zur Verfügung gestellt, das von zwei Vereinsmitgliedern verwaltet wurde. Das Geld reichte aus, um mehrere jugendgerechte Fahrgeschäfte, typische Snacks wie Pommes, Bratwurst, Fischsemmel oder auch kandierte Früchte oder gebrannte Mandeln und Getränke anzubieten. Manche Jugendliche, die erfahrungsgemäß über einen gesunden Appetit verfügen, durften bei diesem Ausflug zu deren großer Enttäuschung keinen gut gefüllten Rucksack mit zusätzlicher Verpflegung mitführen, weil dies grundsätzlich auf dem Oktoberfest verboten ist. Essen und Trinken kann nur vor Ort gekauft werden. Aber keiner der Jugendlichen musste beim Oktoberfestbesuch hungern oder verdursten. Manche aßen Portionen wie Mäuschen, weil sie keinen Hunger verspürten oder sie Angst hatten, sich bei ihren Fahrten übergeben zu müssen, und andere waren mit der individuellen Aufstockung der Essensrationen sofort freudestrahlend einverstanden.
Am Dienstag, dem 30. September 2025, starteten die sechs Klassen der 7. bis 9. Jahrgangsstufen des Sonderpädagogischen Förderzentrums (SFZ) München Nord zu dem gemeinsamen Oktoberfest-Ausflug in München Mitte. Lerninhalte des Ausflugs umfassten grundlegende Orientierung in einer Großstadt, sichere Verhaltensweisen in belebten Bereichen sowie der Umgang mit reizintensiven Umgebungen. Die sozialen Ziele fokussierten sich auf Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und wirkliche Teilhabe, die für sozial benachteiligte Kids nicht selbstverständlich ist und noch nie war. "Meine Eltern haben kein Geld für sowas!" – "Wir gehen nie aufs Oktoberfest. Wir sind so viele Kinder zu Hause. Dafür ist kein Geld da." – "Das ist doch nur was für Reiche! Nur meine Mutter hat einen Job und arbeitet so hart. Ich glaube, wir sind zu arm für das Oktoberfest." – "Ist das wirklich eine Einladung? Wenn nicht, dann kann ich nicht mitkommen."
Es kamen tatsächlich alle Oberstufen-Jugendliche mit.
Zunächst ging es zu Fuß von der Schule aus zur U-Bahnstation im Hasenbergl. Am Hauptbahnhof konnte nicht der geplante Umstieg in die nächste U-Bahn-Linie zur Theresienwiese durchgeführt werden, da die Menschenmassen beängstigend waren. Also erfolgte ohne Murren ein zügiger Spaziergang vom Hauptbahnhof bis zu den Security-Kontrollen an der Theresienwiese, die den Jugendlichen das erste Mal wirklich Geduld abverlangte, denn der Zugang zur Festwiese war noch nicht möglich. Trotz des regnerischen, wolkenverhangenen Wetters warteten etliche Kinder- und Jugendgruppen erwartungsvoll auf Einlass. Unsere Gruppen bestanden aus fast 90 Jugendlichen im Alter von etwa 13 bis 17 Jahren, wobei deren Begleitung durch ihre Lehrkräfte und zusätzliche Unterstützungspersonen sichergestellt war und garantierte, dass alle Jugendlichen vom Lauftempo her gut mitkamen, kommunikative oder verhaltensbezogene Herausforderungen berücksichtigt werden konnten.
Der Fokus des Ausfluges lag bei den Jugendlichen auf das Bestaunen und Ausprobieren außergewöhnlicher Fahrgeschäfte, den festlich geschmückten riesigen Festzelten, den herrlichen Düften, die die Schnellimbiss-Buden verströmten und der beeindruckenden bunten, quirlichen Welt um sie herum – trotz der grauen Wetterkulisse. Und es ging den Jugendlichen auch ums Sehen und Gesehen werden. Immerhin waren unzählige Gleichaltrige anderer Schulen unterwegs. Traditionell gab es Achterbahnen, Riesenrad, Wildwasserbahn, Looping- oder Spaßfahrgeschäfte sowie viele interaktive Attraktionen. Die Jugendlichen konnten aus Kostengründen nicht alles ausprobieren, wägten somit sehr sorgfältig ab, was sie gerne ausprobieren wollten. Die Anzahl der Fahrten war limitiert. Hier begeisterten und berieten sich die Jugendlichen auch gegenseitig, machten einander Mut, akzeptierten aber auch, wenn sich jemand zu einer bestimmten Fahrt nicht entschließen konnte.
Es kam während des kompletten Ausfluges nicht zu den geringsten Streitigkeiten oder anderen negativen Erlebnissen. Für Jugendliche, die in einem sogenannten sozialen Brennpunkt aufwachsen, recht ungewöhnlich. Aber eine sehr, sehr gute und wichtige soziale Erfahrung. Soziales Lernen auf positivem Niveau!
Hier der Bericht einer 7. Klasse zum Oktoberfest-Besuch:
"Am Dienstag, den 30.09.2025 ist die ganze Oberstufe des SFZ München Nord aufs Oktoberfest gegangen. Die 6 Klassen haben sich um 8.30 Uhr vorm Schuleingang getroffen und wir sind alle gemeinsam mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof gefahren. Von dort aus sind wir zu Fuß zur Theresienwiese gelaufen und mussten noch ein bisschen warten, bis das Oktoberfest aufmachte.
Als erstes sind wir einmal über das ganze Festgelände gelaufen, um uns einen Überblick zu verschaffen. Außerdem war das Wetter leider nicht so gut und viele Fahrgeschäfte hatten noch geschlossen. Anschließend haben wir uns in Kleingruppen mit mindestens einer Lehrkraft aufgeteilt und durften über das Gelände laufen und mit den Fahrgeschäften fahren. Fast alle haben sich getraut, mit dem 5er-Looping zu fahren! Das war cool! Die Kleingruppen haben sich gemeinsam Fahrgeschäfte (Freefall-Tower, Riesenrad, Wilde Maus, Kettenkarussell, XXL-Racer…) ausgesucht. Zum Essen haben wir auch etwas bekommen: Pommes, Schokofrüchte, gebrannte Mandeln, Fischsemmel … lecker! Manche haben sich auch ein süßes Lebkuchenherz gekauft.
Um 12.45 Uhr haben wir uns auf den Nachhauseweg gemacht und waren um ca. 13.15 Uhr wieder zurück im Hasenbergl. Der Ausflug war toll!
Vielen Dank für die Unterstützung und dass Sie uns den Ausflug ermöglicht haben!"
Wir haben von den Lehrkräften und Betreuern gleich am nächsten Tag erfahren, dass alle Jugendlichen von dem Ausflug völlig begeistert waren und dies bei der Heimfahrt lebendig zum Ausdruck gebracht haben. Das Oktoberfest ist immer wieder ein Ausflugsmagnet – egal bei welchem Wetter. Und die Jugendlichen waren dankbar, sehr dankbar, dass alle die Möglichkeit erhalten hatten, dabei sein zu können. Und das schlechte Wetter hatte glücklicherweise, besser gesagt verständlicherweise nicht die geringste Rolle gespielt.
Solche Projekte zeigen, wie wichtig es ist, sozial benachteiligten Jugendlichen Zugang zu besonderen Erlebnissen zu ermöglichen und sie in ihrer emotionalen, sozialen und körperlichen Entwicklung zu fördern. Als Vorstand des gemeinnützigen Vereins "ghettokids – Soziale Projekte e.V." sind wir von allen teilnehmenden Lehrkräften, die teils auch Vereinsmitglieder sind, und zusätzlichen Begleitpersonen für ihr herausforderndes Engagement beeindruckt.
Der Dr. Ingeborg von Tessin und Marion von Tessin-Stiftung danken wir ganz herzlich für das Ermöglichen dieser kostenintensiven Oktoberfest-Aktion.






