17.07.2016 15:12

Leseweisung: Lesen als Strafe? - Lesen als Chance!

Anfang Juni 2016 nahm Frau PD Dr. Sabine Anselm vom Institut für Deutsche Philologie (Forschungsstelle für Werteerziehung und Lehrerbildung) der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) München Kontakt zu unserer 1. Vorsitzenden, Susanne Korbmacher, auf. Frau Dr. Anselm erzählte ihr von dem Projekt "Leseweisung", das von dem Förderverein KonTEXT Leseprojekte e.V. seit 2014 durchgeführt wird.

Zur Information: "Die Leseweisung ist eine mögliche Strafe im Jugendstrafrecht. Dabei wird der Wirkung von Buchlektüre auf die Persönlichkeitsbildung große Bedeutung beigemessen. Seit mehreren Jahren wird diese Leseweisung unter der Leitung von Prof. Caroline Steindorff-Classen (FH München) durchgeführt."

(http://www.wul.germanistik.uni-muenchen.de/aktuelles/ghettokids/index.html)

"An der Hochschule München enstand 2011 ein Leseprojekt für straffällige und gefährdete Jugendliche. Die Auseinandersetzung mit geeigneten (Jugend-)Romanen und Sachtexten regt die Jugendlichen zum Nachdenken über ihre Tat und Lebenssituation an." (https://kontextleseprojekt.wordpress.com/)

Das Angebot richtet sich an Jugendliche in der Jugendarrestanstalt München. Speziell für Schulverweigerer gibt es ein besonderes Programm: "Jugendliche die wegen einem hartnäckigen Schulschwänzen Arrest verbüßen, können durch die Bewältigung eines speziellen Lektüreprogramms eine vorzeitige Haftentlassung erreichen."

Unsere 1. Vorsitzende war sehr überrascht, dass eines der von den Jugendlichen sehr gern rezipierten Büchern ihr Buch "Ghettokids - Immer da sein wo's weh tut" (Piper Verlag, 2004 / Taschenbuch 2006) ist. Mit allen Lektüren gehen die Jugendlichen völlig unterschiedlich um: sie schreiben Raptexte oder Gedichte, bringen ihre Lebensgeschichte zu Papier und/oder werden u.a. sogar bildlich-gestalterisch aktiv.

Begleitend zur sehr beeindruckenden Ausstellung "Lesen als Strafe?", gezeigt im Justizministerium und kurzzeitig auch in der LMU vom 17.06. - 23.06.16, wurde unsere 1. Vositzende als Buchautorin und als Referentin zu einem Vortrag mit Filmpräsentation am 21.06.2016 im Hauptgebäude der LMU München eingeladen. Vor Fachleuten, Wissenschaftlern und Studierenden konnte unsere 1. Vorsitzende mit Hilfe von Filmausschnitten vermitteln, wie ihr Buch "Ghettokids" vor mehr als einem Jahrzent enstanden ist. Obwohl ihr Sachbuch seit Jahren vergriffen ist, wird es sowohl innerhalb der "Leseweisung" als auch bei diversen Studienrichtungen (z.B. Psychologie, BWL/Sozialmanagement) verwendet. Anscheinend sind die Geschichten der "ghettokids"-Jugendlichen heute noch genauso aktuell wie damals.

Die "Leseweisung" gibt den straffällig gewordenen Jugendlichen eine sinnvolle, zukunftsorientierte Auseinandersetzung mit sich selbst. Wie die Bilsuma-Angebote von "ghettokids - Soziale Projekte e.V." kann die "Leseweisung" gesellschaftliche Schlüsselqualifikationen vermitteln: Lesekompetenzen fördern, Interesse am Lesen initiieren, die eigenen Stärken entdecken, Fantasie und Kreativität anregen und Lebensveränderungen in Gang setzen.

Mit der Leitung des Münchner Projektes "Leseweisung" von KonTEXT Leseprojekt e.V., Frau Prof. Caroline Steindorff-Classen (FH München) und Frau PD Dr. Sabine Anselm wurde eine zukünftige Zusammenarbeit mit "ghettokids - Soziale Projekte e.V." vereinbart.

Nicht nur wir, sondern auch die betroffenen Jugendlichen haben verstanden, dass Lesen niemals eine Strafe ist, sondern immer eine Chance.