30.07.2019 18:56

Bildungsfahrt auf einen Reiterhof

Alle 2 Jahre organisiert und finanziert unser gemeinnütziger Verein "ghettokids - Soziale Projekte e.V." in Kooperation mit dem SFZ München Nord eine außergewöhnliche Bildungsfahrt, die den teilnehmenden Jugendlichen aus dem Hasenbergl kostenlos angeboten wird. Vor 2 Jahren ging es nach Österreich in die Wildschönau. Dieses Jahr fuhren wir auf einen Reiterhof in die Oberpfalz.

Im Dezember 2018 hätte sich unsere 1. Vorsitzende, Susanne Korbmacher nicht vorstellen können, einen Aufenthalt in einem Reitbetrieb zu organisieren. Einerseits schien ihr die betreffende Gruppe der Acht- und Neuntklässler der Kooperationsschule im Hasenbergl zu unruhig für den Umgang mit Pferden, andererseits konnte sich Frau Korbmacher nicht vorstellen, einen Reiterhof zu finden, der bereit ist, eine "wilde Truppe" aufzunehmen und im Reiten zu unterrichten.

Im Januar 2019 wurden alle Bedenken beiseite geschoben, da sich unser Vorstand einig war, dass auch Jugendliche aus dem Hasenbergl mal für einige Tage etwas für sie ganz Ungewöhnliches erleben sollten. Außerdem würden die Jugendlichen mit Sicherheit vom Aufenthalt profitieren, wenn sie dort den angstfreien, verantwortungsvollen Umgang mit Tieren wie Pferden, Ponys, Eseln, Ziegen und Schafen kennen lernen, erste Reitversuche an der Longe und vielleicht auch die anstrengende Arbeit im Stall erleben könnten. Zudem sollte ein Tagesausflug in die historische Stadt Regensburg angeboten werden.

So ein umfangreiches Programm kostet Geld, viel Geld. Bevor es an die konkrete Planung ging, musste die Finanzierung des Reisebusses, die Unterkunft mit Vollpension, der Reitunterricht, der Ausflug nach Regensburg und zusätzliche Kosten wie für Eis und Getränke gesichert werden. Mit Hilfe von langjährigen Förderern schafften wir es tatsächlich die notwendige Kalkulation abzudecken.

Die Begeisterung der Jugendlichen für die Reiterhof-Idee motivierte die konkrete Umsetzung des Planes. Bei der Recherche im Internet stieß unsere 1. Vorsitzende auf die aussagekräftige Website des Reitbetriebes "Fuchsenhof" in der Oberpfalz. Deren Angebot entsprach ganz unseren Vorstellungen und dem vorhandenen Budget. Eine Vorgabe des Reiterhofes war den Jugendlichen anfangs schwer zu vermitteln: das Tragen von Gummistiefeln war beim Reiten Pflicht und äußerst sinnvoll auch beim Aufenthalt in den Ställen. Gummistiefel gehören selten zum Equipment der Kids im Hasenbergl. Um die Familien nicht finanziell zu belasten, erfolgte eine Gummistiefel-Sammelbestellung.

Dann war es soweit: vom 13. bis 18. Juli 2019 fuhren drei Lehrkräfte und eine Ehrenamtliche mit 14 Jugendlichen zum "Fuchsenhof". Um aus einer 4-tägigen eine 6-tägige Reise zu machen, hatten sich die Erwachsenen entschlossen, sich zusätzlich an einem Wochenende außerhalb ihrer Arbeitszeit für die Jugendlichen zu engagieren.

Der Reitbetrieb liegt in Seebarn, einem kleinen Dorf mit einer Kirche und einer kleinen Kapelle, einem Feuerwehrhaus und einem Fußballplatz mit Vereinsheim - aber ohne ein einziges Geschäft. Die meisten Häuser sind nicht umzäunt und das einzige, was man regelmäßig hört sind Tierstimmen und Landmaschinen. Ein sehr ungewohntes Ambiente für Jugendliche aus dem doch sehr hektischen Hasenbergl.

Auf dem Reiterhof angekommen kristallisierte sich sehr schnell eine mutige Reitergruppe heraus. Die, die nicht reiten wollten, unterstützten andere beim Herrichten der Pferde, fotografierten den Reitunterricht, nahmen erste Kontakte zu Pferden bei der Fütterung auf, führten kleine Ponys durch die Reithalle oder boten ihre Hilfe auf dem Hof an. Zusätzlich gab es ein umfangreiches Freizeitangebot: einen Tennis- und einen Fußballplatz, bei schlechtem Wetter eine Spielhalle mit Tischtennis und Basketballkorb, bei sonnigem Wetter Wanderungen oder einen Besuch des 8 km entfernten Freibades. Jeder konnte sich aussuchen, wie er seine Zeit mit anderen verbringen möchte. Freiheit pur, jedoch nach ausgemachten Regeln.

Der Tagesausflug nach Regensburg erfolgte nach folgendem Motto: erst Kultur und dann Freizeit mit Shoppen. Ein gemeinsames Mittagessen und ein Abschluss in der Eisdiele krönten den Ausflug.

Einen Tag vor der Abfahrt meldete sich die Journalistin Anna-Elena Knerich vom Bayerischen Rundfunk bei unserer 1. Vorsitzenden, da sie die Vorankündigung vom Reiterhof-Besuch auf der "ghettokids"-Website wahrgenommen hatte und wusste, dass unser Verein in vollem Umfang für die Finanzierung aufkam. Für das Format "Notizbuch" im B2 am 29. Juli 2019 sollten Jugendliche zu ihren Erlebnissen und Erfahrungen auf dem Reiterhof interviewt werden. Etliche Jugendliche stimmten von sich aus begeistert zu und holten telefonisch das notwendige elterliche Einverständnis ein.

Am letzten Abend wollten viele Jugendliche gar nicht zurück nach München, sondern baten um eine Verlängerung des "Reiterurlaubs". Die Jugendlichen und Erwachsenen lagen sich lange in den Armen und es flossen viele Tränen. Am liebsten hätten sie die Fotos von der 6-tägigen Bidungsfahrt bereits am nächsten Tag in Händen gehalten. Alle waren sich einig: Es war eine tolle Fahrt!

Ermöglicht wurde dieses kostenintensive Angebot einerseits durch die Privatspende eines Hochzeitspaares, das ihre Gäste gebeten hatte, statt Geschenke zu überreichen, unserem gemeinnützigen Verein "ghettokids - Soziale Projekte e.V." zu spenden. Andererseits hatte die TEVANKO Stiftung einen Spendenaufruf in ihrem Osterbrief 2019 mit dem Titel "Ich packe meinen Koffer: Bildung und Bewegung in der Oberpfalz" für unsere Sommeraktion gestartet. So entstanden den Jugendlichen nicht die geringsten Kosten.

Wir bedanken uns im Namen der beteiligten Jugendlichen nochmals ausdrücklich für diese großzügige finanzielle Unterstützung des Pilotprojektes "Bildungsfahrt auf einen Reiterhof"!

Ganz besonders bedanken wir uns einerseits bei der Familie Vetter, die den Reitbetrieb "Fuchsenhof" als Familienunternehmen führt und andererseits auch bei den Reitlehrern und Angestellten, die unseren Jugendlichen stets mit viel Respekt, Verständnis und Geduld begegneten.

Eine besonders positive Nachwirkung unserer Bildungsfahrt soll nicht unerwähnt bleiben: ein Jugendlicher hat sich für ein freiwilliges 2-wöchiges Praktikum auf dem "Fuchsenhof" in den Ferien beworben und hat sofort eine Zusage erhalten.

DANKE!