13.12.2023 22:14

Der Phoenix Foundation e.V. ermöglichte uns Jahre lang ein eigenes Zuhause

Eine Mail am 27.03.2017 stellte die erste Kontaktaufnahme des Phoenix Foundation e.V. zu unserem gemeinnützigen Verein "ghettokids – Soziale Projekte e.V.", der sich seit der Gründung im Jahr 2000 ausschließlich für sozial benachteiligte Münchner Kinder und Jugendliche engagiert, dar.

Zitat: "Hallo liebes Ghettokids-Team, ich bin im Internet über Ihre Homepage gestolpert und war direkt von Ihrem Einsatz für Kinder fasziniert. Mein Name ist Gunnar Schoebel und ich bin mit Mitgründer der Phoenix Foundation, welche sich der Förderung von Kindern und Jugendlichen verpflichtet hat. Wir sind immer auf der Suche nach spannenden Projekten, die wir finanziell unterstützen können und würden uns deshalb gerne mal mit Ihnen unterhalten. Da wir alle in München wohnhaft sind, wäre auch ein Vor-Ort Termin bei Ihnen jederzeit machbar." Seit dieser Zeit war Gunnar ein verständnisvoller, direkter Ansprechpartner für unsere 1. Vorsitzende.

Im Sommer 2017 fand unsere 1. Vorsitzende nach langem Suchen und mit viel Überzeugungsarbeit geeignete Räumlichkeiten im Norden Münchens, um nach der völlig überraschenden, kurzfristigen Kündigung unseres Bilsuma-Raumes im Kellergeschoss eines Schulgebäudes im Osten Münchens die umfangreichen Einrichtungsgegenstände und vielseitigen Fördermaterialien doch noch vor der Entsorgung zu retten. Der wertvolle Bestand durfte einfach nicht verloren gehen.
Einen eigenen Raum haben zu wollen und regelmäßig die Miete bezahlen zu können, sind zwei Seiten einer Medaille. Aber wie sollten die monatlichen Mietkosten inkl. Nebenkosten über zuverlässige Spendenzuwendungen aufgebracht werden? Frau Korbmacher erzählte den Verantwortlichen vom Phoenix Foundation e.V., die bei einem ersten gemeinsamen Projekt bereits unseren Verein "ghettokids – Soziale Projekte e.V." spontan und unbürokratisch geholfen hatte (siehe "Notwendige Besorgungen für die Bildungsfahrt" / Archiv-Eintrag 76 vom 03.08.2017), von dem Problem der Finanzierung für die zukünftigen Mietkosten. Unsere 1. Vorsitzende wagte dies, nachdem ihr Ansprechpartner Gunnar nach dem erfolgreichen ersten Projekt signalisiert hatte, dass sie sich jederzeit wieder an den Phoenix Foundation e.V. wenden könne, wenn ghettokids e.V. wieder einmal Hilfe bräuchte. Mit einem so zeitnahen Hilferuf hatte er sicherlich nicht gerechnet. Die Foundation-Verantwortlichen kamen in Supergeschwindigkeit zu einer positiven Entscheidung und machten das Wunder möglich: Das erste Mal konnten wir eigene Räumlichkeiten anmieten und erreichen dadurch eine gewisse Unabhängigkeit von anderen Institutionen. Die Mietkostenerstattung in Form einer großzügigen monatlichen Spende erfolgte seit Oktober 2017 zuverlässig durch den Phoenix Foundation e.V., der unseren Kids und uns als Ehrenamtliche des Vereins "ghettokids - Soziale Projekte e.V." durch die finanzielle Spendenzuwendung die Anmietung eigener Räumlichkeiten erst ermöglicht hatte.

Durch die kooperative Zusammenarbeit mit unserem Vermieter und der Teilung der Einbaukosten von Küche und Toilettenanlagen hatte unser Verein einen 146 m² großen Workshop-Raum gewonnen, der seit der Fertigstellung rege für Projekte und darüber hinaus genutzt werden konnte. In unseren eigenen Räumlichkeiten konnte außerschulisch zusätzlich gelernt, gerappt, musiziert, genäht, gespielt oder auch einfach nur miteinander geredet werden. Manchmal wurden auch Geschwisterkinder mitgebracht. Mitgliederversammlungen wurden in unserem Untergeschossraum abgehalten, Termine mit Förderern oder Presse konnten dort wahrgenommen werden. Unser gemeinnütziger Verein bestimmte, wer den Raum betreten und nutzen durfte. Kindergartenkinder feierten mit Familienangehörigen und Freunden ihren Geburtstag dort – es war dafür alles Notwendige vorhanden. Nur für die Dekoration und Gestaltung der jeweiligen Geburtstagsfeier waren die Gastgeber selbst zuständig. Unser riesiger, gemütlicher Raum konnte wegen Fehlen entsprechender finanzieller Mittel eines Brautpaares spontan sogar für eine anschließende Hochzeitsfeier zur Verfügung gestellt werden. Es war ein rauschendes Fest mit viel Tanz, Gesang und glücklichen Gesichtern. Ein sinnvolles Hochzeitsgeschenk!

Im Corona-Jahr 2020 – vier Tage vor dem 1. Miet-Vertragsablauf im Oktober – wurde uns eine Staffel-Mietvertragsverlängerung mit jährlicher Erhöhung präsentiert. Zu der Zeit durften die Räumlichkeiten auf Grund staatlicher Anweisungen wegen der Corona-Eindämmung für lange Zeit weder betreten noch genutzt werden, dementsprechend war ein sehr kurzfristiger Auszug auch nicht organisierbar. Und wir wollten unsere 146 m² großen Räumlichkeiten, in die wir so viel Herzblut und Geld für den Einbau der Toilettenanlagen, die Küchenzeile und die Gestaltung gesteckt hatten, nicht aufgeben. Außerdem war unsere im Untergeschoss liegende Immobilie ein zweites Zuhause für viele unserer Jugendlichen geworden, die sich dort gegen Spätnachmittag mit ihren ghettokids-Jugendleitern regelmäßig trafen.

Durch diverse Projekt-Angebote helfen wir seit mehr als zwei Jahrzehnten sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen, die in wichtigen Lernbereichen wie Bildung, Sprache, Kreativität und Sozialkompetenz einer Förderung bedürfen, um deren zukunftsgerichtete und erfolgreiche Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. In Kooperation mit diversen Schularten erreichen wir durch alters- und lernspezifische Förderangebote innerhalb des Projektes "Bilsuma" (unserem Bildungssupermarkt) insgesamt bis zu 400 Kids an unseren Koop-Schulen während der Unterrichtszeiten.

Besonders unsere Jugendlichen waren sehr glücklich, außerschulisch noch eine zusätzliche Anlaufstelle vor Ort zu haben, in der sie Freizeitangebote und persönliche Unterstützung fanden. Während der Corona-Pandemie seit März 2020 und den damit verbundenen katastrophalen strengen Einschränkungen bzw. Verboten waren diese Unterstützungsmaßnahmen besonders für Jugendliche ein Rettungsanker – sie gaben sozial benachteiligten Kids Hoffnung und förderten nachweislich soziales, sprachliches, schulisches und/oder kreatives Selbstvertrauen. Dieses jugendgerechte Angebot müssen wir nun leider zum 31.12.2023 einstellen.

Einerseits wurden die anfänglich guten Mietbedingungen die beiden letzten Jahre suboptimal, da in den benachbarten Kellerräumen viele Fremdarbeiter in Stockbetten untergebracht wurden, die bei warmen Temperaturen teils in Unterhosen frei in den Fluren herumliefen, wobei sie sich sicherlich dabei nichts dachten. Sie wollten sicherlich nur Freunde in anderen Kellerräumen besuchen oder die sanitären Anlagen im oberen Stock nutzen oder ihr Bodybuilder-Training im Vorraum, direkt vor unserer Eingangstür, durchführen. Wir benutzten dann den äußeren, im Garten liegenden Noteingang als Zugang zu unserem Raum, um solch peinliche Begegnungen zu vermeiden und um unsere Jugendlichen zu schützen.

Andererseits ist intensives soziales Engagement auch immer von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln abhängig. Auch wenn diese Erkenntnis einfach nur weh tut. Wir kämpften ständig mit steigenden Miet- und Nebenkosten, die teils durch freie Spenden aufgefangen werden mussten und nicht in andere Kinderprojekte einfließen konnten. Eine Mietminderung wegen Corona-Beschränkungen kam für den Vermieter nicht infrage – trotz unserer Anfrage und der Bitte des Phoenix Foundation e.V., auf dessen Einlassungen er nicht einmal reagierte.

Seit Januar 2023 musste unser Verein monatlich fast die doppelten Mietkosten wie 2017 aufbringen. Ein Hilferuf Ende Juli 2022 an die Dr. Ingeborg von Tessin und Marion von Tessin-Stiftung, ob sie uns den fehlenden Miet-Differenzbetrag zu der Mietspende des Phoenix-Foundation e.V. finanzieren könne, wurde bereits im August 2022 positiv beschieden: der jeweilige Differenzbetrag wurde für den Zeitraum vom 01.07.2022 rückwirkend bis zum 31.12.2023 zugesagt. Wir wurden vom Phoenix Foundation e.V. und der Tessin-Stiftung finanziell gerettet. Dafür herzlichen Dank!

Jetzt läuft unser aktueller Staffel-Mietvertrag zum 31.12.2023 aus. Wir haben ihn nach langen Diskussionen und zum Entsetzen der Jugendlichen auch nicht mehr verlängert – nicht mehr verlängern können. Der finanzielle Aufwand war von unserem Verein mit Spenden nicht mehr zu stemmen.

Globale Katastrophen wie Corona, Kriege, der Migrationszufluss, Erdbeben, Überschwemmungen und Brände oder andere massive Auswirkungen des Klimawandels brachten die Spendenfreudigkeit für sozial benachteiligte Kinder fast zum Erliegen. "Die sollen doch froh sein, dass sie hier bei uns in Deutschland ein Dach über dem Kopf haben und nicht in Zelten leben müssen." Solche Sätze tun weh und zeugen von fehlender Empathie. Menschen mit derartigen Einstellungen scheint nicht bewusst zu sein, dass sich fehlende Unterstützung von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen eines Tages gesellschaftlich rächen könnte – und unsere Gesellschaft das Versäumnis wird bezahlen müssen.

Unser Verein, der sich seit der Gründung am 27.11.2000 ausschließlich für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche im Raum München – schwerpunktmäßig im nördlichen Hasenbergl und umliegenden Stadtbezirken – nachweislich effektiv und erfolgreich einsetzt, wird seit über 20 Jahren durch ehrenamtliches Engagement und Spenden getragen – nicht durch öffentliche Gelder.  
Den in Deutschland lebenden Kindern und Jugendlichen aller sozialen Schichten geht es seit drei Jahren aus unterschiedlichsten Gründen nachweislich psychisch und physisch immer schlechter: dafür verantwortlich sind u.a. die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, hinzu kam der Krieg im Nahen Osten, Fluchterfahrungen, teure Mieten mit überfordernden Energiekosten, die ständig steigende Verteuerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten, beängstigende global auftretende Probleme – all das kann schnell zu Angst und Panik führen. Die genannten Ereignisse haben verständlicherweise auch auf viele Münchner Familien massiven negativen Einfluss, die bei etlichen Familienmitgliedern weiterhin bedrückende Spuren hinterlassen. Frustration, Antriebslosigkeit, Zukunftsängste und fehlende Lebensfreude – nicht selten verbunden mit depressiven Reaktionen – haben bei vielen Kids aller Schularten deutlich messbar zugenommen, ganz besonders bei Jugendlichen.

Nach einer vom Februar 2023 stammenden Studie der Bertelsmann Stiftung gilt mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland als armutsgefährdet. Alleinerziehende sowie Familien mit drei und mehr Kindern sind besonders betroffen. Die Daten zeigen, dass sich die Lage besonders für Kinder wieder verschlechtert hat. Im Münchner Hasenbergl (Nord), einem sogenannten sozialen Brennpunkt, übrigens einem von etlichen anderen Stadtbezirken in der reichen Landeshauptstadt Bayerns, liegt diese Armuts-Quote sicherlich bereits weit höher. Besonders sozial benachteiligte Jugendliche brauchen für eine positive, zukunftsorientierte Entwicklung dringend Motivations-Kicks, um Momente von Lebensfreude spüren und negative Lebenserfahrungen besser verkraften zu können.

Der ghettokids-Vorstand hofft, dass die Engagierten des Phoenix Foundation e.V. unserem Verein auch in Zukunft finanziell dabei helfen können, notwendige Motivations-Kicks für sozial benachteiligte Kids zu verwirklichen – auch ohne einen eigenen Raum. Diese Kinder und Jugendliche verdienen unser gemeinsames Engagement.

Unser großer Dank für das bereits finanziell großzügig Geleistete gilt an dieser Stelle von ganzem Herzen Inge, Nina, Sarah, Julius, Gunnar, Markus, Andy, Flo. Ihr seid großartig!

Eine gesunde, friedliche Weihnachtzeit und ein gute Neues Jahr 2024 wünschen euch der gesamte ghettokids-Vorstand, unsere Mitglieder und Engagierten.