04.10.2020 12:45

Corona stiehlt Lebensfreude und Entwicklungsmöglichkeiten

Seit Anfang des Jahres 2020 hält die Covid-19-Pandemie die Welt in Atem. Seit dem 13. März – übrigens einem Freitag - vermuteten sogar kleine Kinder in Bayern, dass das Corona-Virus etwas sehr Gefährliches sein müsse, wenn deshalb auf unbestimmte Zeit sogar Schulen, Horte und Kindergärten geschlossen werden und alle sofort nach Hause gehen müssen.

Es war kein Probe-Feueralarm, der Kinder und Jugendliche nur kurz erschreckt, sondern das Wort "Corona" löste sogar bei vielen Erwachsenen Panik aus – also musste es etwas sehr Bedrohliches sein. Es war nicht sichtbar, man konnte es nicht anfassen und nicht riechen. Und trotzdem sollte möglichst keiner das Haus verlassen, man sollte sich nicht mit Freunden treffen und auch seine Familienangehörigen nicht besuchen. Auf der Straße und in den großen Supermärkten tauchten überall Menschen mit Masken auf, alle anderen Geschäfte waren plötzlich geschlossen. Nur noch wenige Menschen konnten in die Arbeit gehen. Sehr problematisch, wenn man nicht in einer großen Wohnung oder einem Haus mit Garten wohnt. Besonders sozial benachteiligte Familien spüren seit Corona noch intensiver ihre beengten Wohnverhältnisse.

Zusätzliche schulische und außerschulische Angebote wurden bis auf weiteres abgesagt. Nicht einmal die Straße, Sport- oder Spielplätze boten einen Ausweichraum. Kontaktverbote bestimmten plötzlich den Alltag aller Kinder und Jugendlichen. Geplante Tagesausflüge, Sonderaktionen und Ferienmaßnahmen mussten abgesagt werden, Treffen in Jugendeinrichtungen waren verboten – auch in unserem ghettokids-Raum. Schlagartig gab es besonders für Kinder und Jugendliche keine Lebensfreude mehr, denn ihnen fehlten nicht nur ihre Freunde, sondern jeglicher sozialer Kontakt.

Anfangs empfanden die Kids die Schließung der Schulen und aller anderer Förderorte als zusätzliche Ferienzeit. Wie cool! Was? Trotzdem lernen? Unterricht zu Hause? Wie sollte das gehen? Ohne die gewohnten Lehrkräfte? "Digital" war das neue Zauberwort. Aber wie denn? Sozial benachteiligte Kids besitzen keinen Laptop oder PC oder ein Tablett in der häuslichen Wohnung. Viele Schulen verfügen selbst nicht über diese eigentlich notwendige Hardware im sogenannten digitalen Zeitalter und können somit diese den Kids auch nicht als Leihgeräte zur Verfügung stellen. Und das Handy ist wahrlich kein geeignetes Lernmedium bei der ständigen Vermittlung, Übung und Vertiefung von Lerninhalten.

Besonders hart traf der schulische Lockdown die Prüfungsklassen. Glücklicherweise stattet unser gemeinnütziger Verein "ghettokids – Soziale Projekte e.V." schon seit vielen Jahren die Jugendlichen mit Selbstlernprogrammen in Form von Arbeitsheften aus, die stets auch über einen Lösungsteil verfügen. Diese zusätzliche  Fördermöglichkeit innerhalb unseres Projektes "Bilsuma" (Bildungssupermarkt) hat vielen Jugendlichen dann doch noch die Möglichkeit geboten, durch Fleiß einen Abschluss zu schaffen.

Aber auch uns sind Grenzen der Förderung gesetzt, denn Fördermaterialien kosten Geld. Sozial benachteiligte Familien können diese Ausgaben nicht zusätzlich stemmen und unser gemeinnütziger Verein ist auf Spenden angewiesen, die seit der Corona-Pandemie kaum noch eingehen. Jeder scheint sich selbst immer mehr der Nächste zu sein.

Unsere 1. Vorsitzende hat noch vor den Sommerferien einen großen Schwung an Fördermaterialien vor allem für die Fächer Deutsch und Mathematik für Jugendliche der Oberstufenklassen 7 bis 9 bestellt, denn sie ahnte, dass der digitale Ausbau unserer Partnerschulen wahrscheinlich auch dieses Schuljahr nicht umgesetzt werden wird. Seit Schuljahresbeginn sind diese Selbstlernprogramme ständig im Einsatz und scheinen die Jugendlichen nach trostlosen Monaten fürs zusätzliche schulische Lernen zu motivieren – trotz Masken, Abstand und frontaler Sitzordnung.

Frau Andrea Aigner, die Gründerin und Geschäftsführerin der TEVANKO Stiftung, unterstützt unseren Verein seit vielen Jahren. Als sie von unserer 1. Vorsitzenden von der belastenden Lernsituation vieler sozial benachteiligter Kids besonders in der momentanen Corona-Zeit erfuhr, startete sie umgehend eine Herbst-Sonderspendenaktion bei ihren Förderern, um die Beschaffung der notwendigen Lernprogramme finanziell zu unterstützen. Immerhin braucht jeder Jugendliche mindestens 10 unterschiedliche Förderprogramme, um zumindest in den Prüfungsfächern Deutsch und Mathematik möglichst optimal vorbereitet werden zu können – das benötigt € 100 pro Prüfling.

Gemeinsam konnten wir 50 Jugendliche, die an unserer Partnerschule im Münchner Hasenbergl eine Oberstufenklasse besuchen, mit Selbstlernprogrammen ausstatten. Auch wenn wir nicht jedem helfen können, der es bräuchte, so ist doch unsere Unterstützung für die betreffenden Jugendlichen mehr als nur ein Tropfen.

Corona hat vielen Kindern und Jugendlichen ihre Lebensfreude und einen Teil ihrer Entwicklungsmöglichkeiten gestohlen, aber wir helfen "unseren" Kids, dass sie sich durch Eigenengagement dagegen wehren und ihr Lebensglück wiederfinden können.

Wir danken Frau Andrea Aigner von der TEVANKO Stiftung wieder einmal ganz herzlich für ihre großartige, spontane und unbürokratische finanzielle Hilfe.